Heute fand ich  einen dicken Umschlag in meinem Briefkasten. Der – fast schon natürliche – erste Gedanke bei nicht bestellten Zusendungen: „Na, da will wohl wieder jemand irgend etwas verkaufen.“ Doch gefehlt: das enthaltene Heft in A3 trägt unter dem Titel BerlinValley das Wörtchen kostenlos und bezeichnet sich als „Das neue Monatsmagazin für Deutschlands Gründermetropole“.

Neues Gründermagazin für Berlin

Die Printausgabe (Auflage: 30.000 Exemplare) liegt kostenlos in ganz Berlin in diversen Cafés und Institutionen aus. Wie ich in den Genuss der Printausgabe kam ist mir zwar schleierhaft, aber hiermit sei dem Herausgeber (Jan Thomas / Why Berlin? Media Publishing House GmbH) gedankt.

Das StartUp-Magazin ist mit 64 Seiten recht papierintensiv, aber immerhin scheinbar auf ungebleichtem Papier gedruckt. Leider ist sowohl über Media Publishing House GmbH als auch über das verwendete AZO Holmen Papier im Netz so gut wie nichts zu finden. Das macht mich etwas stutzig: ich hätte auf der Website zumindest etwas Pressematerial und ein paar grundsätzliche Statements erwartet.

Schauen wir uns also den Inhalt den kostenlosen StartUp-Magazins an:

es geht um Venture Capital und Personalien, das Berufsbild des Trafficmanagers wird erklärt und die eine oder andere Neugründung aus Business-Sicht beschrieben:

„… bei Bonivato ist keine linke Öko-Fraktion mit Weltverbesserungs-Genen am Werk …“

BerlinValley, Februar 2015, S. 15

Schade eigentlich. Als bewusst einkaufende Konsumentin sind mir ökologisch und fair denkende und handelnde UnternehmerInnen eigentlich lieber 😉

Doch zurück zum Heft.
Dort geht es weiter mit Technologie-Trends für 2015, recht interessanten Interviews mit Gründern, Strippenziehern und Venture Capitalists, neuen Mags und Apps, Tools, Events  und …

was die Startup-Szene zum Mindestlohn sagt:

„Wir können Praktika (außer bei Pflichtpraktika) nur noch befristet vergeben. Inhaltlich halten wir längere Zeiträume für sinnvoller, was für uns finanziell nicht tragbar ist. Wir hoffen, dass eine Anpassung, bspw. eine Bindung des Mindestlohns an relevante Unternehmenskennzahlen, stattfinden wird.“

L. L. , BerlinValley, Februar 2015, S. 24

„Ich sehe keine Notwendigkeit für einen Mindestlohn und würde die Regelung zurück nehmen.“

F. T., BerlinValley, Februar 2015, S. 25

Ich verstehe es natürlich, wenn StartUps nicht gerade „im Geld schwimmen“. Doch wenn Unternehmen auf die kostenlose Arbeit von PraktikantInnen bauen, stimmt doch irgendetwas nicht. 8,50 € pro Std. müssen einfach drin sein.

Aber das ist nicht wirklich das Thema von BerlinValley. Es ist vielmehr eine bunte und durchaus interessante Mischung klassisscher Wirtschaftsjounalistik, deren inhaltlicher Ansatz mir ein wenig zu betont businessfreundlich erscheint.

Berlin StartUp-Mag des Vertrauens?

BerlinValley steht auch als digitaler Download zur Verfügung – allerdings erst nach Eingabe von Emailadresse, Vor- und Nachname. Leider verzichtet das Mag – außer im Standard-Impressum – auf eine klare Ansage zum Datenschutz.

Meiner Meinung nach würde diesem Berliner StartUp-Magazin etwas mehr Wirtschaftsethik und eine diesbezüglich eindeutigere Positionierung keineswegs schaden. Und ein offensives Bewusstsein, dass Berlin eben nicht Silicon Valley ist, sondern eine sich stets verändernde, äußerst kreative und vielfältige Großstadt mit ganz individuellen Herausforderungen.

Nachtrag zur Verpackung:

Leider ist auch Berlin Valley inzwischen dazu über gegangen, ihr Heft in Plastik eingeschweisst zu versenden. Angesichts des Riesenformats (das zudem alles andere als ideal zum unterwegs Lesen ist) landet dadurch eine Menge Plastik im Müll – und später in den Weltmeeren.